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Mobbing und Diskriminierung im Job: Aktuelle Studien & Urteile

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Laut einer Studie der Universität Leipzig werden nur wenige Mobbing-Fälle tatsächlich gemeldet.

Eine aktuelle Studie belegt, dass Mobbing in der Arbeitswelt in Deutschland weit verbreitet ist. Doch welche Chancen haben Betroffene dagegen vorzugehen? Ein Blick auf rechtliche Grundlagen und aktuelle Urteile.

Formen von Mobbing und Diskriminierung: Ein unterschätztes Problem

Mobbing am Arbeitsplatz ist ein vielschichtiges Phänomen, das sich in unterschiedlichen Intensitäten und Formen äußert. Neben offensichtlichen Handlungen wie beleidigenden Kommentaren oder öffentlicher Demütigung existieren subtilere, aber ebenso schädliche Varianten:

  • Soziale Isolation: Systematisches Ausschließen aus Teamaktivitäten oder informellen Gesprächen
  • Informationsvorenthaltung: Bewusstes Zurückhalten arbeitsrelevanter Informationen
  • Gerüchtekampagnen: Verbreitung falscher Behauptungen zur Schädigung des Rufs
  • Aufgabenmanipulation: Zuweisung sinnloser oder übermäßig schwieriger Aufgaben

🎓️Alarmierende Zahlen: Mobbing in Deutschland

Laut der aktuellen Studie der Universität Leipzig (2025):

  1. 11,4% der 18-29-Jährigen sind betroffen
  2. 20% höheres Risiko bei Migrationshintergrund
  3. 63% entwickeln langfristige Gesundheitsprobleme
  4. Nur 12% der Fälle werden offiziell gemeldet

Rechtliche Grundlagen: Mehr als nur Paragraphen

Das deutsche Rechtssystem bietet verschiedene Schutzmechanismen gegen Mobbing und Diskriminierung. Während das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) den allgemeinen Rahmen setzt, ergänzen spezifische Regelungen des BGB den Schutz:

Erfolgsaussichten bei Mobbing-Klagen

Aus jahrelanger Praxiserfahrung berichtet Fachanwalt für Arbeitsrecht De Backer (über 1.500 bearbeitete Fälle) in seinem Beitrag auf dem Fachportal Anwalt.de:

  1. 90% der Fälle werden außergerichtlich gelöst
  2. Gerichtsverfahren sollten ultima ratio bleiben
  3. Entscheidend ist die Beweisführung und Dokumentation
  4. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht verzehnfacht die Erfolgschancen

Wichtig: De Backer betont, dass jeder Fall individuell ist und pauschale Prognosen nicht möglich sind.

🎓Fall 1: Erzielter Vergleich gegen Großbank

  1. Ursprüngliche Forderung: 40.000€ Schmerzensgeld
  2. Erreicht: 160.000€ Abfindung + Freistellung
  3. Aktenzeichen: ArbG Frankfurt 1 Ca 3588/18

🎓 Fall 2: Erzielter Vergleich gegen Versicherung

  1. Ursprüngliche Forderung: 75.000€ Schmerzensgeld
  2. Erreicht: 100.000€ Abfindung + 15 Monate Freistellung
  3. Aktenzeichen: ArbG Frankfurt 16 Ca 5201/18
Hinweis: Die Urteile sind Einzelfallergebnisse - es gibt keine Erfolgsgarantie. Ausschlaggebend sind Beweislage, Dauer der Beeinträchtigungen und entstandene Schäden.

Die aktuelle Rechtsprechung zeigt deutlich: Arbeitsgerichte nehmen Mobbingvorwürfe heute ernster denn je. Während früher oft hohe Beweisanforderungen gestellt wurden, hat sich die Rechtsprechung zugunsten der Betroffenen entwickelt. Entscheidend ist jedoch eine professionelle Prozessführung.

Wie die Beispielfälle zeigen, können bei guter Beweislage beträchtliche Summen erstritten werden. Dennoch sollte stets bedacht werden: Ein Gerichtsverfahren bedeutet immer auch psychische Belastung und Unsicherheit. Die außergerichtliche Einigung bleibt in den allermeisten Fällen die beste Lösung für alle Beteiligten.

Strategien für Betroffene: Vom Erkennen zum Handeln

  1. Früherkennung: Warnsignale wie plötzliche Aufgabenänderungen oder häufige Kritik ohne Grundlage ernst nehmen
  2. Dokumentation: Führen eines Mobbing-Tagebuchs mit Datum, Uhrzeit, Beteiligten, Wortlaut und Auswirkungen
  3. Interne Schritte: Betriebsrat kontaktieren, formelle Beschwerde nach § 13 AGG einreichen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei gesundheitlichen Folgen
  4. Externe Hilfe: Rechtliche Beratung durch Fachanwälte, therapeutische Unterstützung, Kontakt zu Antidiskriminierungsstellen

🎓 Praxistipp: Mobbing-Tagebuch führen

So dokumentieren Sie effektiv:

  1. Jeden Vorfall zeitnah notieren (Datum/Uhrzeit)
  2. Wortlaut wörtlich wiedergeben (keine Interpretation)
  3. Zeugen benennen (auch indirekte Zeugen)
  4. Körperliche/psychische Reaktionen festhalten
  5. Beweismaterial sammeln (Mails, Screenshots etc.)

Wichtig: Dokumente sicher (Cloud/Privat-PC) aufbewahren!

Prävention: Eine betriebliche Gemeinschaftsaufgabe

Ein gesundes Arbeitsklima entsteht nicht von selbst - es erfordert bewusste Maßnahmen und kontinuierliche Aufmerksamkeit. Prävention gegen Mobbing beginnt bei der Unternehmenskultur und muss auf allen Ebenen gelebt werden. Besonders Führungskräfte tragen hier eine besondere Verantwortung.

🎓 Präventions-Checkliste für Arbeitgeber

Diese Sofortmaßnahmen sollten Unternehmen umsetzen:

  1. Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen durchführen
  2. Anonyme Beschwerdesysteme etablieren
  3. Interne Ansprechpartner benennen und schulen
  4. Jährliche Sensibilisierungs-Workshops anbieten

Die folgenden Maßnahmen haben sich in der Praxis als besonders wirksam erwiesen. Sie sollten idealerweise kombiniert werden, um eine ganzheitliche Präventionsstrategie zu entwickeln:

Maßnahme Umsetzung Wirksamkeit
Verhaltenskodex Klare Regeln mit Sanktionskatalog Grundlage für alle weiteren Maßnahmen
Führungskräftetraining Jährliche Schulungen zu Konfliktmanagement Reduktion von Fällen um 40%
Anonymes Meldesystem Externe Ombudsstelle Früherkennung in 70% der Fälle

Unternehmen, die diese Maßnahmen konsequent umsetzen, berichten nicht nur über weniger Mobbingfälle, sondern auch über eine spürbar verbesserte Arbeitsatmosphäre und höhere Produktivität. Prävention lohnt sich also in mehrfacher Hinsicht - für Mitarbeiter wie für das Unternehmen selbst.

Themen: Arbeitsrecht

Oliver Godolt

Oliver Godolt

SEO- & Legal-Tech Experte

Mit 20+ Jahren Erfahrung in der Digitalbranche, davon 10 Jahre Spezialisierung auf Kanzleien und verschiedene Rechtsgebiete: Verkehrsrecht Scheidungsrecht Medizinrecht Arbeitsrecht Verbraucherrecht