Das Thema Arbeitsunfähigkeit betrifft jeden Arbeitnehmer früher oder später. Doch was bedeutet es eigentlich, wenn der Arzt Sie "krankgeschrieben" hat? Rechtlich gesehen sind Sie arbeitsunfähig, wenn Sie aufgrund einer Krankheit Ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen können oder die Fortführung Ihrer Arbeit Ihre Genesung verzögern oder verschlimmern würde. Dies muss durch einen Arzt festgestellt und bescheinigt werden.
Es ist wichtig zu verstehen, dass es dabei nicht darauf ankommt, ob Sie generell keine Arbeit verrichten können, sondern ob Sie Ihre konkrete Tätigkeit in Ihrem Betrieb aufgrund der Erkrankung nicht ausüben können. So kann ein Bauarbeiter mit einem Beinbruch arbeitsunfähig sein, während ein Angestellter im Homeoffice mit dem gleichen Bruch möglicherweise nicht als arbeitsunfähig gilt, wenn er seine Aufgaben sitzend erledigen kann.
Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeit wegen Krankheit zu leisten, oder wenn dies die Genesung behindern würde.
Die Arbeitsunfähigkeit muss von einem Arzt attestiert werden, in der Regel durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU).
Es zählt die Unfähigkeit, Ihre spezifische Arbeit auszuführen, nicht die allgemeine Fähigkeit, irgendeine Tätigkeit zu verrichten.
Im Krankheitsfall haben Sie als Arbeitnehmer bestimmte Pflichten, die Sie unbedingt einhalten müssen, um rechtliche Nachteile wie eine Abmahnung oder sogar Kündigung zu vermeiden. Die zwei wichtigsten Pflichten sind die Meldepflicht und die Nachweispflicht (Vorlage des Attestes).
Die Meldepflicht bedeutet, dass Sie Ihrem Arbeitgeber unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, mitteilen müssen, dass Sie arbeitsunfähig sind und wie lange diese voraussichtlich dauern wird. Dies sollte idealerweise vor Arbeitsbeginn geschehen, per Telefon, E-Mail oder über einen Boten. Die genaue Form kann im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt sein.
Informieren Sie Ihren Arbeitgeber so schnell wie möglich, am besten direkt zu Beginn des Arbeitstages. Nennen Sie den Grund der Abwesenheit nicht, es sei denn, Sie möchten dies freiwillig tun.
Die Nachweispflicht besagt, dass Sie dem Arbeitgeber spätestens am vierten Kalendertag der Krankheit ein ärztliches Attest vorlegen müssen. Das bedeutet: Wer am Montag krank wird, muss das Attest spätestens am Donnerstag vorlegen. Ihr Arbeitgeber kann das Attest allerdings auch schon ab dem ersten Tag verlangen, wenn dies im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt ist.
Pflicht | Beschreibung | Frist |
---|---|---|
Meldepflicht | Unverzügliche Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitgeber. | Ohne schuldhaftes Zögern (idealerweise vor Arbeitsbeginn) |
Nachweispflicht | Vorlage des ärztlichen Attestes. | Spätestens am 4. Kalendertag (Arbeitgeber kann es auch ab 1. Tag verlangen) |
Die Nichtbeachtung dieser Pflichten kann ernsthafte Konsequenzen haben. Ein fehlendes Attest kann dazu führen, dass der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigert. Wiederholte oder schwerwiegende Verstöße können sogar eine Abmahnung und im schlimmsten Fall eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
Wenn Sie arbeitsunfähig erkranken, haben Sie in der Regel einen Anspruch auf Fortzahlung Ihres Entgelts. Dieser Anspruch ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt und sichert Ihr Einkommen während der Krankheit ab. Es gibt jedoch verschiedene Phasen und Zuständigkeiten:
Für die ersten sechs Wochen (42 Kalendertage) der Arbeitsunfähigkeit zahlt Ihr Arbeitgeber Ihr volles Gehalt weiter.
Nach den sechs Wochen übernimmt die Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld. Dieses beträgt in der Regel 70% Ihres Brutto- und maximal 90% Ihres Nettoentgelts.
Krankengeld wird für maximal 78 Wochen (innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren für dieselbe Krankheit) gezahlt.
Der Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber besteht nur, wenn das Arbeitsverhältnis bereits seit mindestens vier Wochen ununterbrochen besteht. Bei kürzerer Beschäftigungsdauer springt die Krankenkasse sofort mit Krankengeld ein.
Erkranken Sie innerhalb von sechs Monaten erneut an derselben Krankheit, zählen die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zusammen. Dies kann dazu führen, dass der Arbeitgeber früher zur Krankengeldzahlung übergeht.
Grundsätzlich genießen Arbeitnehmer in Deutschland bei Krankheit einen gewissen Schutz vor Kündigung. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Kündigung im Krankheitsfall ausgeschlossen ist. Das Arbeitsrecht differenziert hier sehr genau.
Eine Kündigung wegen Krankheit ist eine personenbedingte Kündigung und nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Die häufigsten Fallgruppen sind die häufigen Kurzerkrankungen, die langandauernde Krankheit und die krankheitsbedingte Minderung der Arbeitsfähigkeit.
Für eine wirksame Kündigung müssen dabei stets drei Kriterien erfüllt sein:
Bei mehr als sechs Wochen Fehlzeiten pro Jahr über mehrere Jahre hinweg kann eine Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen in Betracht kommen.
Bevor eine Kündigung wegen Krankheit ausgesprochen wird, muss der Arbeitgeber in der Regel ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten (siehe nächster Abschnitt). Dies ist zwar keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung, kann aber im Kündigungsschutzprozess eine entscheidende Rolle spielen.
Gerade nach längerer Krankheit ist der Wiedereinstieg ins Berufsleben oft eine große Herausforderung – sowohl körperlich als auch psychologisch. Hier kommt das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ins Spiel. Das BEM ist ein Instrument, das Arbeitgebern gesetzlich vorgeschrieben ist, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von 12 Monaten länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war (§ 167 Abs. 2 SGB IX).
Ziel des BEM ist es, die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit zu ergründen und Möglichkeiten zu finden, wie zukünftige Erkrankungen vermieden und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen geschehen:
Das BEM ist freiwillig für den Arbeitnehmer, doch eine Ablehnung kann im Falle einer späteren Kündigung Ihre Position schwächen. Es ist eine Chance zur Arbeitsplatzsicherung.
Ein erfolgreiches BEM erfordert die aktive Mitwirkung des Arbeitnehmers, des Arbeitgebers, des Betriebsrats (falls vorhanden), des Betriebsarztes und gegebenenfalls der Krankenkasse. Es ist ein strukturierter Prozess, der darauf abzielt, den Arbeitsplatz zu sichern und die Gesundheit des Mitarbeiters nachhaltig zu fördern. Scheuen Sie sich nicht, dieses Angebot anzunehmen und aktiv mitzugestalten, um Ihren Weg zurück in den Job optimal zu gestalten.
Das Thema Arbeitsunfähigkeit ist komplex und birgt viele Fragen. Für Arbeitnehmer ist es essenziell, ihre Rechte und Pflichten genau zu kennen, um im Krankheitsfall abgesichert zu sein und unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Von der korrekten Krankmeldung über die Lohnfortzahlung bis hin zu den Möglichkeiten der Wiedereingliederung: Eine frühzeitige Information und, wenn nötig, die Konsultation eines Fachanwalts für Arbeitsrecht können Ihnen helfen, sicher durch diese herausfordernde Zeit zu navigieren und Ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Nehmen Sie die angebotenen Hilfen, wie das BEM, wahr, denn sie sind ein wichtiger Baustein für Ihre berufliche und persönliche Zukunft.